Herlinde Siegl lebte mehr als 70 Jahre in Offingen, bevor sie 2021 ins Burgauer Seniorenheim zog. Den Bau des Gundremminger Kernkraftwerks sowie der beiden Kühltürme hatte sie von Anfang an mitverfolgt. Am 25. Oktober, an dem Tag an dem sie gesprengt wurden, feierte Herlinde Siegl ihren 99. Geburtstag. „Ich möchte diese tüchtige Frau gerne kennenlernen“, hatte die Offingerin wenige Tage zuvor gesagt. Gemeint war Sprengingenieurin Ulrike Matthes, die mit ihrem Team die Sprengung durchführte. Herlinde Siegl hat sie tatsächlich kennengelernt: Völlig überrascht sei sie gewesen, als die Sprengingenieurin, wenige Stunden nach der Sprengung mit drei Begleitern, alle noch in Arbeitsanzügen, plötzlich dagestanden sei, erzählte sie beim Besuch von Bürgermeister Thomas Wörz, der ihr nachträglich ebenfalls zu ihrem Geburtstag gratulierte. Sie habe sich sehr darüber gefreut.
Herlinde Siegl stammt aus Sternberk in Tschechien und kam mit Ihren Eltern und ihrem Bruder 1946 nach Offingen. Bei der Offinger Filzfabrik, heute die BWF Group, war sie anfangs in der Produktion von Filzen beschäftigt und arbeitete sich hoch bis in die Abteilungen Entwicklung und Labor. Früher sei sie viel mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, vor allem in Richtung Peterswörth, oder zu Fuß bei Spaziergängen nach Landstrost hinaus. Man habe immer die Kühltürme im Blick gehabt. „Sie werden schon fehlen und man wird sie noch eine Weile suchen.“
Im Burgauer Seniorenheim ist Herlinde Siegl trotz ihres Alters weiterhin sehr aktiv: mit Gymnastik, Basteln und Singen sowie dem Spielenachmittag. „Es gibt kein Rezept, dass man so alt wird. Man muss neugierig bleiben und darf nicht daran denken“, betont die Offingerin.